Einst eine Wiese mit Obstbäumen ausserhalb des Dorfs, dann ein Militärareal und in Zukunft ein lebendiges Zentrum für Kultur und Begegnung: Ein Areal im Wandel!

Prestigeobjekt Zeughaus

Zeughäuser wurden ab dem späten Mittelalter als Lager für Kriegsmaterial errichtet. Typisch für die Konstruktion sind die fehlende Unterkellerung, gepflasterte Erdgeschossböden, Steinsäulen, grosse Eingangstore für Fuhrwerke und Geschütze sowie durch Holzpfeiler gestützte Obergeschosse. Zürichs ältestes Zeughaus steht am Paradeplatz und wird als Restaurant Zeughauskeller genutzt. Zeughäuser verkörperten das Prestige eines Staates und wurden im 18. Jahrhundert wie Museen von der bürgerlichen Bildungsschicht besucht. Das erste eidgenössische Zeughaus wurde 1861 in Thun gebaut, das letzte 1986 in Affoltern am Albis.

Anbauschlacht von 1914-1918 in Uster
Anbauschlacht von 1914-1918 in UsterQuelle: StaU, Bildarchiv
Berchtoldstrasse vor dem Bau des Zeughauses
Berchtoldstrasse vor dem Bau des ZeughausesQuelle: StaU, Bildarchiv

Ein Projekt der Krisenjahre (1936 – 1938)

Die Geschichte des Zeughausareals Uster beginnt in den Krisenjahren um 1936. Uster zählte gerade einmal 9’663 Einwohnende. Die Arbeitslosigkeit war gross. Uster wollte zum Standort eines Zeughauses werden und erhoffte sich davon die Schaffung von Arbeitsplätzen und wirtschaftlichen Aufschwung. Wichtiger Fürsprecher dieses Projekts war der damalige Gemeindepräsident Dr. Emil Stadler. Vorgesehen war für das Zeughaus eine 32’000 m² grossen Fläche ausserhalb des Dorfes, die «Alte Gassen» genannt wurde. Die Stimmbürger waren bereit, dieses Land für 150’000 Franken zu kaufen, um es ohne Bedingungen dem eidgenössischen Militärdepartement zu verschenken. Dieses baute die vier noch heute bestehenden Zeughäuser auf dem Areal. Von der Volksabstimmung bis zur Eröffnung 1938 dauerte es weniger als zwei Jahre.

Bau der Zeughäuser in Uster
Bau der Zeughäuser in UsterQuelle: StaU, Bildarchiv
Pferdemusterung vor dem Zeughaus Uster im Winter 1938/39
Pferdemusterung vor dem Zeughaus Uster im Winter 1938/39Quelle: StaU, Bildarchiv

Die Ära geht zu Ende (1938 – 2005)

Mit den fertiggestellten Zeughäusern wurde Uster zu einem Korpssammelplatz. Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges rückten ungefähr 10’000 Soldaten nach Uster ein. Drei Kompanien blieben über eine längere Zeit. Nach dem Krieg wurden die Zeughäuser zu Notvorratslagern: Getreide, gedörrte Kartoffelscheiben, Speiseöl und Kernseife wurden eingelagert. Später erfolgte ein Ausbau der logistischen Anlagen für Betriebsstoffe, Schmiermittel und Verpflegung. Parallel dazu wurden Material und Munition für die Panzertruppen eingelagert. 2003 nahm das Schweizer Stimmvolk die Armeereform XXI an. Diese führte zu einer Verkleinerung der Armee. Der Bedarf an Zeughäusern reduzierte sich. Am 25. September 2003 wurde der Mobilmachungsplatz zum letzten Mal vom Militär genutzt. Neben verschiedenen Ansprachen gab es einen Apéro und eine «Ustrinkete». 2005 wurden die Zeughäuser in Uster definitiv geschlossen.

Luftaufnahme Uster mit Zeughausareal
Zürichstrasse, Püntanlage und Reithalle um 1945. Das Zeughausareal befindet sich auf der linken SeiteQuelle: StaU, Bildarchiv
Luftschutztruppe im Zeughaus um 1945
Luftschutztruppe im Zeughaus um 1945Quelle: StaU, Bildarchiv

Die Stadt kauft das Areal zurück (2005 – 2017)

Am Morgen des 9. Aprils 2005 trafen sich rund zweihundert interessierte Personen aus Bevölkerung, Wirtschaft, Politik und Kultur, um am Stadtentwicklungsgespräch gemeinsam über das Zeughausareal und seine zukünftige Nutzung zu diskutieren. Die Versammlung war sich einig: Die Stadt sollte eine Führungsrolle übernehmen und schnell für ein lebendiges und offenes Areal sorgen. Mit dem Bund wurden Verhandlungen für den Kauf des Areals aufgenommen. 2008 präsentierte der Stadtrat sein Entwicklungskonzept «Zeughausareal Zentrum» und den «5-Phasen-Plan»: Dieser sah vor, dass die Stadt die Hälfte des Areals kaufen sollte, um einen Ersatzbau für den Stadthofsaal und den damaligen Kulturraum Qbus zu realisieren. Im Gegenzug könne der Bund auf der anderen Hälfte des Areals Wohnungen realisieren. Gegen den Plan wurde das Referendum ergriffen. So konnten die Stimmberechtigten am 27. September 2009 erstmals über die Entwicklung des Areals abstimmen: Mit 70% Ja-Stimmen stimmten sie deutlich für die geplante Umnutzung. Zu einer weiteren Volksabstimmung kam es am 5. Juni 2016, weil auch gegen den privaten Gestaltungsplan das Referendum ergriffen wurde. Auch bei dieser Abstimmung bestätigte das Volk seinen Willen zur Entwicklung des Areals und nahm die Vorlage erneut deutlich mit 66% Ja-Stimmen an. Damit war der Weg frei, dass die Stadt am 28. Juni 2017 die östliche Hälfte vom Bund für 4.77 Millionen Franken zurückkaufen konnte.

Erste Zwischennutzung (2007 – 2020)

Als symbolischer Startschuss für die kulturelle Nutzung kann das «Kulturhappening» im Oktober 2006 betrachtet werden. Das Gebäude K1 mutierte unter dem Titel «Kunstkanister» zum Experimentierfeld. Ab 2007 konnten dank minimalen baulichen Eingriffen im Gebäude K1 die Zeughausbar, zahlreiche Ateliermieterinnen und –mieter sowie das Druckereimuseum Graphos einziehen. Auf der Wiese schlug der Zirkus Filacro sein Zelt auf. Im gegenüberliegenden Gebäude K2 war bereits früher der Unteroffiziersverein mit seinem Lager und Museum eingezogen. Das Areal wurde mit den Jahren zu einem beliebten Austragungsort für verschiedene Events für ein sehr breites Publikum: Public-Viewings zur Fussball-WM und EM, Kunstausstellungen, Food-Festivals, politische Veranstaltungen von links bis rechts und seit 2016 sogar ein eigenes Musikfestival, das H2U-Openair Uster.

Nach dem Kauf des Areals durch die Stadt änderten sich die Grundlagen für diese erste Zwischennutzung. Die Kapital- und Bewirtschaftungskosten stiegen und mit ihnen die Mietpreise. Obwohl diese noch immer vergleichsweise tief blieben und die Stadt höhere Förderbeiträge zur Kompensation in Aussicht stellte, waren einige Mieter nicht mehr bereit, sich auf die neue Situation einzulassen. Dank der Vermittlung von Stadtpräsidentin Barbara Thalmann zeichnete sich zwar im Dezember 2019 noch eine Lösung ab, aber es half alles nichts: Die Grossmieter Graphos, Unteroffiziersverein und Filacro verliessen 2020 das Zeughaus. Sie hatten davor das Areal mit ihrem grossen Engagement stark geprägt. Ihr Auszug markierte ein neues Kapitel in der Entwicklung des Zeughausareals, in dem neue Herausforderungen aber auch neue Chancen auf das Projekt zukommen werden.

Projekt Kultur- und Begegnungszentrum
(2016 – 2028)

Mit dem Ja am 5. Juni 2016 zum privaten Gestaltungsplan begann die Planung des Kultur- und Begegnungszentrums. Die Grundlagen für die Zusammenführung des Stadthofsaals und des Kulturraums Qbus wurden jedoch schon 2006 mit dem «Raumkonzept Kultur» gelegt. Der Stadthofsaal war in die Jahre gekommen und wies erste Mängel auf. Der Qbus musste wegen eines Neubauprojektes geräumt werden und in ein Provisorium ins ehemalige Kino Central umziehen.

Im Herbst 2016 setzte der Stadtrat eine Begleitgruppe ein, die aus rund 25 Personen aus Politik, Kultur, Wirtschaft, Jugend, Verwaltung und aus Zeughausmieterinnen zusammengesetzt war. Die Gruppe erarbeitete in einem Mitwirkungsprozess die Grundlagen für die weitere Entwicklung des Areals. Sie verfasste die «Entwicklungsvision Zeughausareal», das «Zwischennutzungskonzept», das «Träger- und Betriebsmodell» sowie das «Wettbewerbsprogramm, inklusive Raumprogramm». Der Gemeinderat bestätigte im Januar 2018 die Vorarbeit der Begleitgruppe und erteilte den Auftrag für den Architekturwettbewerb. Für die Hochbauten definierte er einen Kostenrichtwert von netto 20 Millionen Franken (ohne Land, Parkgarage und Drittmittel).

Am 17. September 2019 wurde das Siegerprojekt «KUZU» von EM2N Architekten aus Zürich vorgestellt. Es ergänzt das bestehende nordöstliche «Zeughaus K2» mit zwei einfachen, in der Grösse und Struktur unterschiedlichen Bauten: Dem «Grossen Saal» mit 700 Plätzen und dem «Kulturregal». Im «Kulturregal» sind eine kleine Bühne mit 120 Plätzen, ein Ausstellungsraum, zwei Kinosäle mit 80 und 40 Plätzen sowie ein Restaurant untergebracht. Der denkmalgeschützte Altbau «Zeughaus K2» wird im Erdgeschoss als Foyer, für die Cateringinfrastruktur, als Büro und als Betriebsnebenräume genutzt. Zwischen den drei Gebäuden entsteht als öffentlicher Platz der «Kulturhof». In diesem sind unterschiedliche Open-Air-Nutzungen möglich. Die «Parkgarage» mit 72 Plätzen liegt unter dem «Grossen Saal» und wird über eine Rampe von der Zürichstrasse erschlossen.

Ansicht von Süden (Nashornkreisel): links der grosse Saal, hinten das Zeughaus K2, rechts das Regal
Ansicht von Süden (Nashornkreisel): links der grosse Saal, hinten das Zeughaus K2, rechts das RegalQuelle: Visualisierung Nightnurse
Ansicht von der Berchtoldstrasse (FRJZ): Vorne der autofreie Schlüsselplatz, hinten das Regal und der grosse Saal
Ansicht von der Berchtoldstrasse (FRJZ): Vorne der autofreie Schlüsselplatz, hinten das Regal und der grosse SaalQuelle: Visualisierung Nightsurse
Öffentliche überdachte Terrasse im Regal, mit Blick auf das Zeughaus K1 (Zeughausbar)
Öffentliche überdachte Terrasse im Regal, mit Blick auf das Zeughaus K1 (Zeughausbar)Quelle: Visualisierung Nightnurse
Blick in den grossen Saal mit Bühne und 700 Sitzplätzen
Blick in den grossen Saal mit Bühne und 700 SitzplätzenQuelle: Visualisierung Nightnurse

Projektierungsphase

Im November 2020 bewilligte der Gemeinderat einen Projektierungskredit von 2,3 Millionen Franken für die Ausarbeitung und Planung des Siegerprojekts. Gegen diesen Beschluss kam erneut ein Referendum zustande. Am 13. Juni 2021 hat das Ustermer Stimmvolk in einer dritten Abstimmung dem Projektierungskredit zugestimmt.

Seither haben die Architekten von EM2N mit zahlreichen Fachplanern das Wettbewerbsprojekt „KUZU“ zu einem realisierbaren Bauprojekt entwickelt. Parallel wurden Konzepte zur Bewirtschaftung und zur Finanzierung von Bau und Betrieb des zukünftigen Kultur- und Begegnungszentrums entwickelt.

Berücksichtigung unterschiedlicher Interessen

Die Planungs- und Konzeptentwicklung wurde von einer Echogruppe begleitet. Die Gruppe setzte sich aus rund 25 Personen aus den Bereichen Nachbarschaft, Wirtschaft, Gewerbe, Kultur, Bildung, Politik, Jugend, Alter und Menschen mit Behinderungen zusammen. Die Ehrenamtlichen haben in sechs regelmässigen Sitzungen ihre Erfahrungen, Bedürfnisse und Anliegen eingebracht. Am Mittwoch, 5. Juli 2023, hat die Echo-Gruppe die Begleitung der Projektierungsphase abgeschlossen. Die Protokolle der Echogruppe sind öffentlich und unter uster.ch/zeughaus einsehbar.

Das Bauprojekt sowie das Betriebs- und das Mobilitätskonzept liegen nun vor. Der Gemeinderat wird im November 2023 über das Bauvorhaben beraten. Voraussichtlich im Frühjahr 2024 können die Stimmberechtigten über die Vorlage abstimmen.

Zukünftige Bewirtschaftung

Für die Bewirtschaftung des Areals soll eine gemeinnützige AG gegründet werden. Die Ausgliederung wird zur Abstimmung vorgelegt. Die Bewirtschaftung orientiert sich am LeitbildBetriebskonzept und Mobilitätskonzept. Link zur Weisung 46/2023

Nächste Schritte

Der Gemeinderat wird 13. November 2023 über das Bauvorhaben beraten. Voraussichtlich im Frühjahr 2024 können die Stimmberechtigten über die Vorlage und die AG Ausgliederung abstimmen.

Zur Geschichte des Zeughausareals veröffentlichte das Stadtarchiv Uster 2020 die Publikation Zeughaus Uster: Gestern, heute, morgen und übermorgen.

Weitere Links zur Geschichte und Entwicklung des Zeughausareals: